Es wäre sicherlich interessant mehr zur Haltung vor Ort zu erfahren
Guten Abend,
ich bedanke mich noch einmal für den Hinweis auf diesen interessanten Artikel über Nachzuchten von N.v. im medizinischen Tierlabor. Ich habe daraufhin auch versucht, nähere Details zu erfahren, da ich selbst N.v. seit einigen Jahre halte und nachzüchte. Da man in dem besagten Beitrag nachlesen kann, dass für die erfolgreiche Nachzucht dort ein Tierpfleger Grala zuständig sei, ist es mir Ende letzten Jahres auch gelungen, einen Kontakt herzustellen. Dann passierte aber leider erst einmal viele Monate gar nichts. Bis heute (siehe unten).
Ich hatte auch Uwe Gerlach vorgeschlagen, man könne den Herrn Grala vielleicht zu einem Vortrag über seine Haltungserfahrungen auf die Tagung in Gersfeld einladen. Das hat Herr Grala aber weit von sich gewiesen hat, nachdem ich ihm diese Idee heute im Telefonat vorgestellt hatte, zu dem es nun endlich doch gekommen ist. Er sei Tierpfleger und kein "Wissenschaftler" und er wollte sich offenbar nicht auf ein ihm unbekanntes Terrain begeben. Dafür kann man ja Verständnis haben, zumal "Öffentlichkeitsarbeit" für Mitarbeiter von Tierlabors ein heikles Geschäft ist, das man vielleicht besser ganz meidet...
Da also in Gersfeld von Herrn Grala jedenfalls nichts zu hören sein wird, möchte ich wenigstens die aus dem Telefonat erhaltenen interessanten Informationen hier weitergeben.
Ich hatte ihm schon Ende letzten Jahres per Mail einige Fragen gestellt, die mich aufgrund meiner eigenen Haltung und Zucht von N.v. besonders interessierten. Nachfolgend meine Fragen und seine Antworten dazu:
1. Wie viele Generationen haben Sie in der Pflege von N.v. ingesamt schon zusammen bekommen? "Drei Generationen"
2. Bei was für Temperaturen halten Sie die Tiere im Winter (bzw. praktizieren Sie eine Überwinterung im Moos oder im Wasser)? "Die erwachsenen Tiere werden ganzjährig bei Raumtemperatur (19-24°) im Wasser gehalten, wobei sie eher die höheren Temperaturen zu bevorzugen scheinen. Die Tiere haben die Möglichkeit das Wasser zu verlassen, sie tun es aber in der Regel nicht. "
3. Wie viele Tiere halten Sie jeweils zusammen in einem Becken (welcher Größe)? [Vergessen, im Telefonat nachzufragen, aber die Antwort werde ich hoffentlich nachliefern können]
4. Halten Sie die Geschlechter überwiegend getrennt oder die Tiere grundsätzlich in gemischten Gruppen? "Die Tiere werden in gemischten Gruppen gehalten, wobei die (meisten) Weibchen durch die Männchen nicht in Bedrängnis geraten, weil sie körperlich deutlich überlegen [!] sind. Viele Weibchen seien »richtig große Brocken«."
5. Haben Sie mit Krankheiten der Tiere zu tun gehabt, wenn ja, welche Erfahrungen dabei? "Knochenprobleme, die inzwischen durch Vitamin D3 und Kalziumzufuhr sowie UV kein großes Problem mehr darstellen [aber auch nicht gänzlich ad acta gelegt sind]; Häutungsprobleme können vor allem bei Jungtieren vorkommen, sind dann meist ein Zeichen, dass die Tiere sich wegen irgendetwas nicht wohl fühlen. Importierte Tiere sind heikle Kandidaten, wobei unklar ist, woran sie versterben."
6. Welche Erfahrungen haben Sie bei dieser Art mit warmen (>24°) Temperaturen? Entfällt (siehe oben) wobei Herr Grala die Art wie erwähnt eher als wärmeliebend denn als kältebedürftig einschätzt. [Vgl. zu diesem Thema auch einen eigenen kleinen Beitrag von mir hier im Forum: Halten wir N.v. nicht warm genug?]
7. Wie kommt es, dass für die Forschung an Ihrem Institut die Wahl auf N.v. fiel, der im Vergleich zu unseren einheimischen Molchen, die auch für ihre Regenerationsfähigkeit bekannt sind, schwieriger nachzuziehen ist. Hat es womöglich mit den Artenschutzbestimmungen zu tun, die Ihnen die Arbeit/Forschung mit einheimischen Tieren sehr verkomplizieren würde? "Letzteres."
Folgende weitere Informationen habe ich während des Telefonats noch aufgeschnappt:
Man habe die Haltung und Zucht von N.v. komplett umgestellt, indem man für den Landaufenthalt nur noch feuchten Schwamm und kein Moos mehr benutzt. Das habe sich unter dem Gesichtspunkt der Haltungshygiene sehr vorteilhaft ausgewirkt.
Es werde auch grundsätzlich sehr darauf geachtet, dass es auch trockene Bereiche für die Tiere gibt, die sie auch aufsuchen. Herr Grala betonte, dass man die Tiere während der Landphase nicht zu feucht halten sollte [allerdings wird den Jungtieren ein Wasserbereich angeboten, was ich bei meinen Jungtieren nicht mache bzw. wenn, dann nur mit einem "Wasserstand" von 1-2mm]. Bei Jungtieren seien im Labor von Herrn Grala Verluste durch ertrunkene Tiere [in der Petrischale!] vorgekommen.
Die Larven werden primär mit Artemia und anderen kleinen Wasserkrebsen gefüttert, wobei sie Artemia zu bevorzugen scheinen, auch wenn diese eigentlich Salzwassertiere sind.
Die Landgänger und erwachsenen Tiere werden überwiegend mit Blattläusen gefüttert, daneben auch Silberfische oder Drosophila, aber (grüne) Blattläuse würden deutlich bevorzugt [was ich bestätigen kann]. Man sollte auf ein hohes Futterangebot achten, wobei eine Überfütterung nie beobachtet wurde.
Begattungsversuche zwischen Männchen hat Herr Grala [ebenso wie ich] wiederholt beobachtet und hat in Einzelfällen auch Verluste bei adulten Tieren erlebt, die er auf Ertrinken zurückführt, jedenfalls seien die Tiere mit geschwollener Zunge tot im Becken getrieben, nachdem sie zuvor keinerlei Krankheitszeichen gezeigt haben. Er vermutet ein Ertrinken während solcher Begattungsüberfälle. Innerhalb seines Institutes habe er diesbezüglich aber keine Klarheit bekommen können, im Gegenteil sei ihm mitgeteilt worden, dass Molche nicht ertrinken würden, weil sie auch durch die Haut atmen könnten.
Ich persönlich halte das übrigens für falsch (glaube also, dass sie ertrinken können) und praktiziere bei meinen Tieren gewissermaßen aus Sicherheitsgründen eine Haltung von gemischten Gruppen stets so, dass die Weibchen in der Überzahl sind und zudem sehr viele Versteckmöglichkeiten im Becken vorfinden. Bei mir ist kein einziges Weibchen körperlich einem gleich alten Männchen deutlich überlegen, eher umgekehrt, obgleich alle wohl genährt sind (sich aber nicht dauerhaft "im Futter aufhalten"). Aber vielleicht sind ja gar nicht die Weibchen bei solchen Begattungsversuchen in Gefahr, sondern in Wahrheit die Männchen
untereinander. Also gewissermaßen die Pseudobegattung als versuchte Tötung eines Rivalen?! Ich "musste" bei mir jedenfalls einmal ein männliches "Paar" manuell von einander trennen, nachdem sie nach etwa 90 [!] Minuten "Paarung" immer noch unter Wasser waren und ich es nicht mehr aushalten konnte, einfach darauf zu vertrauen, dass schon nichts passieren werde. Ein totes Tier im Wasser, habe ich allerdings bei mir zum Glück noch nie gefunden.
Ich habe die Frage nach dem Ertrinken übrigens gleich zum Anlass genommen, bei Prof. Lannoo in den USA nachzufragen, der eine wunderbare Artbeschreibung verfasst hat, die man im AmphibiaWeb finden kann:
http://amphibiaweb.org/cgi-bin/amphib_qu…ies=viridescens
Von Kröten ist mir jedenfalls bekannt, dass Weibchen durchaus ertrinken können, wenn sie von einer Vielzahl begattungswilliger Männchen ungünstig geklammert werden. Wieso also nicht auch bei Molchen?
Ich bin mal gespannt, was er mir dazu sagen (bzw. schreiben) wird.
Und ich hoffe, dass diese Zeilen interessant waren und den Austausch über Haltungsweisen und -bedingungen weiter stimulieren werden.
Schönen Gruß
Aquater