Original von Lorelei
Hab ich also richtig verstanden (nur um ganz sicher zu gehen): Nitrat MUSS immer vorhanden sein (bis max 50 mg/l)- das wird nicht weiter abgebaut?
Hi,
"muss" im Sinne von "wäre logisch" ja, nicht im Sinne von "erfüllt einen Zweck". Wenn du den Wert runterdrücken kannst, macht das natürlich Sinn.
Die Nitrifizierung im Groben: Durch die Ausscheidungen der Tiere, aber auch durch Fäulnis von Futterresten und abgestorbenen Pflanzenteilen etc. wird
Ammonium (NH3) im Wasser gelöst. Ammonium ist nur sehr schwach giftig. Allerdings wird, abhängig vom pH-Wert des Wassers, ein Teil des Ammoniums zu
Ammoniak (NH4). Ammoniak ist sehr giftig. Je höher der pH-Wert, desto größer ist der Ammoniakanteil.
Sowohl Ammoniak als auch Ammonium wird durch das Bakterium Nitrosomonas zu
Nitrit (NO2) verstoffwechselt. Nitrit ist schon in geringen Mengen hochgiftig, wird aber als Zwischenstufe der Nitrifizierung benötigt.
Die Nitrobacter-Bakterien wandeln im nächsten Schritt Nitrit zu
Nitrat (NO3). Nitrat ist relativ harmlos.
Sowohl Nitrosomonas als auch Nitrobacter sind Bakterien, die an Oberflächen siedeln. Daher schafft man im Filtersubstrat möglichst große Oberflächen durch poröse Materialien (Schwamm, Keramik etc.) und pumpt das Wasser daran vorbei.
Die Bakterien "arbeiten" bevorzugt aerob, d.h. sie entnehmen den für den Stoffwechsel notwendigen Sauerstoff aus dem Umgebungswasser. Entzieht man ihnen diesen Sauerstoff langsam genug, um ihnen eine Umstellung zu ermöglichen, beginnen sie, anaerob zu arbeiten, d.h. sie werden gezwungen, den notwendigen Sauerstoff aus dem Nitrat zu verstoffwechseln. Dann, und nur dann, wird auch Nitrat im Filter abgebaut.
Da auf dem Filtersubstrat die Bakterienkolonien in die Höhe wachsen, kommt es bei ausreichend langsam angetriebenen Filtern immer wieder dazu, dass die unteren Schichten der Bakterienkolonien durch die oberen langsam aber sicher von der Sauerstoffversorgung abgeschnitten werden und dann auf anaeroben Stoffwechsel umschalten. In einem HMF zum Beispiel wird so ein kleiner (!) Teil des Nitrats im Filter selbst abgebaut. In einem Topffilter oder ensprechendem Innenfilter dagegen erreicht dieser Prozess niemals nennenswerte Dimensionen, da durch die hohe Strömung die höher wachsenden Kolonien einfach abgerissen und ins Freiwasser gespült werden. Es gibt ein paar Ansätze zum Bau von Zusatzfiltern, die ausschließlich anaerob arbeiten (z.B. Wodkafilter), um Nitrat zu verstoffwechseln; die erreichen aber keine Leistungswerte, die für Axolotl brauchbar wären. In der Praxis durchgesetzt haben sich zum einen Zeolithe, die natürlich nicht das Nitrat verstoffwechseln, sondern per Ionenaustausch binden, also "speichern", und zum anderen Kunstharzgranulate in speziellen Filtersäulen, die ebenfalls als Ionentauscher arbeiten. Das ist aber hauptsächlich interessant für Leute, die in Gebieten wohnen, wo der Nitratwert im Trinkwasser tatsächlich so hoch ist, dass mit Wasserwechseln nicht mehr genug Nitrat weggewechselt werden kann.
Zuguterletzt gibt es dann noch die Pflanzen. Pflanzen benötigen Stickstoff und holen sich den da, wo sie ihn am bequemsten kriegen. Vorzugsweise also von NH3, NH4, NO2 (die Giftigkeit dieser Stoffe resultiert z.T. aus ihrer "Bindungsfreudigkeit", d.h. je aggressiver eine Stickstoffverbindung ist, desto leichter ist es für die Pflanzen, sie aufzuspalten). In einem gut eingelaufenen Aquarium werden die Pflanzen aber an die genannten Stoffe kaum drankommen, weil die Bakterien ihnen die vor der Nase wegschnabulieren. Also müssen die Pflanzen in den sauren Apfel beißen und sich mit dem Nitrat abmühen. So wird auch wieder ein Teil des Nitrats aus dem Wasser entfernt, aber es kommt selten vor, dass das in einem Maß passiert, dass ein stabiler Wert erreicht und nicht mehr überschritten wird. Spätestens da kommen dann die Nahrungkonkurrenten der höheren Pflanzen, nämlich die Algen, zum Zuge. Ein hoher Nitratgehalt ist also u.a. auch ein begünstigender Faktor für Algenbildung.
Wenn du mit regelmäßigen Wasserwechseln den Nitratgehalt in der Gegend von 20 mg/l hältst, bist du (gerade auch jetzt im Sommer, denn hohe Temperaturen wirken sich immer ungünstig prozessbeschleunigend aus) auf der sicheren Seite. Sollte dazu aber ein Wechsel von mehr als 30% des Wassers pro Woche notwendig sein, ist dein Becken mit Sicherheit entweder überbesetzt oder überfüttert.
Tschöö
Stephan